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Identifikation geeigneter Kombinationen aus Antriebstechnologie und Tank-/ Ladeinfrastruktur zur Lösung praktischer Transportaufgaben (sog. „Use Cases“) als ein Element der Vorbereitung des bundesweiten Roll-Outs des klimafreundlichen Straßengüterverkehrs 

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat mit dem Gesamtkonzept klimafreundliche Nutzfahrzeuge einen zentralen Fahrplan für die Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen im Straßengüterverkehr bis 2030 vorgelegt. Im Rahmen der Umsetzung des Gesamtkonzeptes hat das BMDV das wissenschaftliche Begleitkonsortium der Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie (MKS) beauftragt, geeignete „Use Cases“ für den Straßengüterverkehr als eine Basis für den Infrastrukturaufbau zu identifizieren.  

Die vorliegende Analyse liefert Erkenntnisse darüber, in welchem Umfang, in welcher Form und an welchen Standorten Infrastruktur aufgebaut werden soll. Gleichzeitig soll diese Untersuchung Anwendern von Nutzfahrzeugen bei der Beantwortung der Frage behilflich sein, welche klimafreundlichen Technologien zu ihrem betrieblichen Fahrzeugeinsatz passen. 

Die Untersuchung erfolgte in drei Schritten: Zunächst wurde der Wirtschaftsbereich Logistik und insbesondere seine Transportleistungen analysiert und typische Nutzungsszenarien identifiziert. Im zweiten Schritt wurde untersucht, wie sich das stationäre (Ladesäule) und dynamische (Oberleitung) Laden von batterieelektrischen bzw. hybriden Lkws sowie das Betanken von Wasserstoff-Lkws in die Betriebsabläufe integrieren lässt. Auf dieser Basis wurden Tank- und Ladeszenarien herausgearbeitet. Im dritten und abschließenden Schritt wurden Nutzungsszenarien und Tank- oder Ladeszenarien zusammengeführt und die eigentlichen „Use Cases“ identifiziert. Ein „Use Case“ wird hierbei verstanden als eine geeignete Kombination aus Antriebstechnologie und Infrastruktur zur Lösung einer praktischen Transportaufgabe. 

Wie werden Nutzfahrzeuge im betrieblichen Alltag eingesetzt? 

Zunächst wurden alle wesentlichen Einsatzoptionen von Nutzfahrzeugen in der Praxis abgebildet und diese in Nutzungsszenarien zusammengefasst. Eine Differenzierung erfolgte insbesondere nach Einsatzzweck und Größe der Nutzfahrzeuge. Die somit identifizierten insgesamt 22 Nutzungsszenarien, die in Abbildung 1 dargestellt werden, spiegeln die vielfältigen Anforderungen aus dem täglichen Betrieb wider. So sind die Anforderungen an ein Nutzfahrzeug auf der Letzten Meile des Paketversands gänzlich andere als bei einem Einsatz im Fernverkehr. In der Entsorgung liegen andere Tourencharakteristika vor als in der Bauwirtschaft. Auch die Rahmenbedingungen für die Bereitstellung von Ladeinfrastrukturen gestalten sich bei den kommunalen Servicebetrieben anders als bei Speditionen des Ladungsverkehrs. Die Unternehmensstrukturen unterscheiden sich bei Gebietsspeditionen deutlich von denen in der Distribution im Lebensmitteleinzelhandel. Diese Anforderungen wurden in Gesprächen mit Vertretern aus der Praxis identifiziert. Ziel war es, die Anforderungen aller Unternehmen unabhängig von Größe, Unternehmensorganisation, Geschäftsmodell und lokalen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Die identifizierten Nutzungsszenarien repräsentieren wesentliche Einsatzmöglichkeiten aller Größenklassen (N1 (<3,5 t zGG), N2 (3,5 t – 12 t zGG), N3 (12 t – 44 t zGG)) von Nutzfahrzeugen in Deutschland. 

Wie können klimafreundliche Nutzfahrzeuge betankt oder geladen werden 

Die Analyse der Nutzungsszenarien hat gezeigt, dass die vielfältigen Anforderungen des Fahrzeugeinsatzes einer für jeden individuellen Fall maßgeschneiderten Infrastrukturverfügbarkeit bedürfen. Je nach betrieblichem Anforderungsprofil sind diesbezüglich unterschiedliche Tank- oder Ladeoptionen denkbar. Um geeignete Infrastrukturen für jeden Anwendungsfall identifizieren zu können, wurde zunächst die Vielzahl der bestehenden Tank- und Ladeoptionen in 43 Tank- oder Ladeszenarien zusammengefasst. Diese wurden anhand von vier Dimensionen gegliedert, wie in Abbildung 2 zu erkennen ist. Die Ausprägung der Szenarien wird von der Antriebstechnologie, den Tourencharakteristika und der Verfügbarkeit von öffentlich oder privat zugänglicher Tank- und Ladeinfrastruktur bestimmt. Zudem spielt die zeitliche Integration des Tank- oder Ladevorgangs eine wichtige Rolle: Werden die Fahrzeuge etwa während der Betriebszeit zwischengeladen bzw. -betankt oder erfolgt der Ladevorgang über Nacht? 

Für jeden betrieblichen Einsatz können mehrere geeignete Elektrifizierungslösungen gefunden werden 

Die Analyse der Nutzungsszenarien sowie der Tank- oder Ladeszenarien hat gezeigt, dass für jeden betrieblichen Einsatzfall mehrere geeignete Elektrifizierungslösungen („Use Cases“, siehe oben) bestehen. Mit dieser Analyse kann somit dazu beigetragen werden, dass jedes Unternehmen eine individuell passende Lösung für den Einsatz von Nutzfahrzeugen mit alternativen, klimaschonenden Antrieben identifizieren kann. Dies kann eine Ausgangsbasis für weitere Umsetzungsschritte bilden: Denkbar ist zum Beispiel die Beantragung der Förderung einer Machbarkeitsstudie im Rahmen des Förderprogramms für Klimaschonende Nutzfahrzeuge und Infrastrukturen (KsNI). Eine solche Machbarkeitsstudie kann einen Beitrag dazu leisten, die identifizierten „Use Cases“ auf den individuellen betrieblichen Einsatz zu übertragen und damit konkrete Beschaffungsoptionen zu bestimmen. So oder so bedarf es in den meisten Fällen einer individuellen Betrachtung des jeweiligen Einsatzkontextes der klimafreundlichen Nutzfahrzeuge und der Gegebenheiten vor Ort. Hierzu müssen bei Bedarf entsprechenden Dienstleister einbezogen werden. 

Identifikation von „Use Cases“ für die Steuerung des bundesweiten Tank- und Ladeinfrastrukturaufbaus 

Ein wichtiger Schritt im Rahmen der Umsetzung des Gesamtkonzepts klimafreundliche Nutzfahrzeuge ist die Vorbereitung des bundesweiten Infrastrukturaufbaus. Dabei ist es wichtig, dass die Anforderungen der Fahrzeugnutzer im Mittelpunkt der Planungen zum Aufbau der Tank- und Ladeinfrastruktur stehen. Die Identifikation der „Use Cases“ kann hier einen wesentlichen Beitrag dazu leisten.  

Use Case Studie (PDF)