Seit den letzten kartellrechtskonformen vertraulichen Gesprächen (sog. Cleanroom–Gespräche) mit den wichtigsten europäischen Nutzfahrzeugherstellern im Jahr 2022 ist der Markthochlauf klimafreundlicher Nutzfahrzeuge deutlich konkreter geworden. Hierzu tragen auch neue regulatorische Rahmenbedingungen bei, wie etwa die Einführung einer CO2-Komponente bei der Lkw-Maut sowie die Verschärfung der europäischen CO2-Flottenzielwerte für schwere Nutzfahrzeuge.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen haben von April bis Mai 2024 Vertreterinnen und Vertreter des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV), der NOW GmbH sowie einer zur Einhaltung des Kartellrechts beauftragten Kanzlei erneut mit den wichtigsten europäischen Nutzfahrzeugherstellern Cleanroom-Gespräche geführt. Ziel der Gespräche war es erneut, den Markthochlauf der klimafreundlichen Nutzfahrzeuge und damit die Bedarfe für den Infrastrukturaufbau besser abschätzen zu können. Denn der koordinierte und der mit dem Markthochlauf der Fahrzeuge abgestimmte Infrastrukturaufbau ist eine der zentralen Aufgaben, die das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) sich im Kontext des im November 2020 veröffentlichten „Gesamtkonzeptes klimafreundliche Nutzfahrzeuge“ gegeben hat. Die Ergebnisse dieser Cleanroom-Gespräche werden im Bericht „Marktentwicklung klimafreundlicher Technologien im schweren Straßengüterverkehr“ zusammengefasst.
Die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick:
- Der Markthochlauf klimafreundlicher Nutzfahrzeuge wird laut den prognostizierten Absatzzahlen der Nutzfahrzeughersteller bis zum Ende dieses Jahrzehnts mit hoher Geschwindigkeit erfolgen.
- Der Batterie-Lkw ist die dominierende Technologie bei emissionsfreien schweren Nutzfahrzeugen. Fast die Hälfte der im Jahr 2030 neuzugelassenen schweren Lkw (N3/>12 t) in Deutschland werden laut der Prognosen der Nutzfahrzeughersteller batterieelektrisch sein. Die Hersteller sind sich einig, dass Technologie- und Serienreife der Antriebsoption inzwischen auch im Fernverkehr gegeben sei.
- Die Antriebsstrategien der Hersteller haben sich ausdifferenziert. Batterie und Brennstoffzelle stehen zwar weiterhin im Mittelpunkt der Strategien, werden aber durch Wasserstoffverbrenner sowie im Einzelfall Plug-In-Hybridantriebe sowie emissionsarme Kraftstoffe (Bio-CNG/-LNG) erweitert.
- Ein wesentlicher Grund für die Erweiterung ist die von Verschärfung der europäischen CO2-Flottenzielwerte. Alle Nutzfahrzeughersteller sehen das Erreichen der ambitionierten Reduktionsziele für das Jahr 2030 als eine erhebliche Herausforderung. Es brauche deswegen unterschiedliche Optionen, um die Vorgaben zu erreichen.
- Die Rolle von Wasserstoff wird von den Herstellern unterschiedlich eingeschätzt. Ein Teil der Hersteller sieht die Wasserstoffantriebe als notwendige Lösungen für den Schwer- und Fernlastverkehr. Ein anderer Teil der Hersteller sieht darin eine Nischenanwendungen für ausgewählte Anwendungsfälle, in denen kostengünstiger Wasserstoff verfügbar ist.
- Unabhängig von der gewählten Antriebsstrategie besteht Einigkeit bei den Nutzfahrzeugherstellern, dass es für den Antriebswechsel im Straßengüterverkehr klare, zuverlässige und planbare Rahmenbedingungen brauche. Langfristige Planungssicherheit brauche es insbesondere auch für die Anwenderinnen und Anwender. Denn sie müssen in die Lage versetzt werden, die Investitionsentscheidung zugunsten der Anschaffung klimafreundlicher Nutzfahrzeuge treffen zu können.
- Mit Blick auf das Erreichen der vorgegebenen Klimaschutzziele im Straßengüterverkehr hat für die Hersteller der zügige Ausbau der öffentlichen Infrastruktur, insbesondere der Lkw-Ladeinfrastruktur, höchste Priorität. Er sei die wichtigste Rahmenbedingung für den Erfolg des Markthochlaufs.