
Exkurs: Laden betriebsfremder E‑Fahrzeuge auf dem Betriebshof – welche rechtlichen Aspekte sind zu beachten?
(Stand: 11/2023)

In Zusammenhang mit dem Betrieb der Ladeinfrastruktur können unterschiedliche rechtliche Fragestellungen auftreten, insbesondere für den Fall, dass betriebsfremde E-Fahrzeuge auf dem eigenen Betriebshof laden sollen. An dieser Stelle werden wesentliche Aspekte des Ladens von betriebsfremden E-Fahrzeugen aufgegriffen und kurz erläutert. Dies ersetzt eine detaillierte juristische Prüfung für den jeweiligen Einzelfall zwar nicht, gibt aber einen ersten Eindruck davon, was es zu beachten gilt.
Grundsätzlich ist das Laden von betriebsfremden E-Fahrzeugen rechtlich umsetzbar. Denn zentrale Gesetze, wie das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und das Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG), stehen dem Laden von betriebsfremden E-Fahrzeugen nicht im Weg. So wird der Betreiber der Ladeinfrastruktur durch den Verkauf des Stroms an E-Fahrzeug-Nutzer aus Sicht des EnWG nicht zum Energieversorger mit all den verbundenen Pflichten. Ladesäulen bzw. Betreiber sind laut § 3 Nr. 25 des EnWG als „Letztverbraucher“ zu bewerten. Zudem entfällt seit dem 1. Juli 2022 die Pflicht zur Entrichtung der EEG-Umlage für Betreiber von Ladesäulen. Mit dem Gesetz zur Absenkung der Kostenbelastung durch die EEG-Umlage hat sich das Laden von betriebs-fremden E-Fahrzeugen rechtlich vereinfacht.
Blickt man aus steuerrechtlicher Sicht auf das Laden von betriebsfremden E-Fahrzeugen, können sich zwei rechtlich relevante Sonderfälle ergeben, deren Konsequenzen zu prüfen sind. Dabei handelt es sich zum einen um die Nutzung von Strom aus der Eigenerzeugung (z. B. Photovoltaik) für das Laden von betriebsfremden E-Fahrzeugen. Eine (natürliche oder juristische) Person, die eigenerzeugte Energie (ob vollständig oder in Teilen) an der Ladesäule an Dritte verkauft, wird gemäß § 1a Abs. 6 der Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes (StromStV) jedenfalls zum sogenannten „eingeschränkten Versorger“, wenn die dort geregelten Anforderungen erfüllt werden, andernfalls zum regulären „Versorger“. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Bereitstellung des Stroms an der Ladeinfrastruktur über einen Charge Point Operators (CPOs) abgewickelt wird. In der Regel muss mit dem Status des „(eingeschränkten) Versorgers“ zwar keine Stromsteuer bezahlt werden, aber es ergeben sich Meldepflichten in Bezug auf den eigenerzeugten und geleisteten Strom gegenüber dem zuständigen Hauptzollamt. Insbesondere die zur Meldung erforderlichen Formulare sind komplex und sehr umfassend und bedürfen in vielen Fällen juristischer Unterstützung.
Ein zweiter Sonderfall ergibt sich bei Unternehmen, die nach §§ 9b, 10 StromStG steuerlich ermäßigten Strom nutzen (sogenannter „Spitzenausgleich“). Denn dieser Strom darf nur für den privilegierten Zweck eingesetzt werden. Grundsätzlich wird laut § 9b Abs. 1 und § 10 Abs. 1 StromStG die Steuerentlastung nicht für Strom gewährt, der für Elektromobilität verwendet wird. Wenn ein Unternehmen also gemäß StromStG als produzierendes Gewerbe vergünstigten Strom bezieht, braucht es eine klare Abgrenzung der Stromversorgung des privilegierten Bereiches sowie der anderen Bereiche des Unternehmens. Dies gilt insbesondere für das Laden von (betriebsfremden) E-Fahrzeugen. Bei Verstoß droht der finanziell schwerwiegende Verlust des Steuerprivilegs.
Zwei weitere Regelwerke, die beim Laden von betriebsfremden E-Fahrzeugen grundsätzlich zu beachten sind, sind die Ladesäulenverordnung (LSV) und das Mess- und Eichgesetz (MessEG). Die LSV regelt Anforderungen an den sicheren und interoperablen Aufbau und Betrieb von öffentlicher Ladeinfrastruktur in Deutschland. Ladeinfrastruktur, die auf einem Betriebshof aufgebaut und betrieben wird, ist nicht zwangsläufig im Sinne der LSV eine nicht öffentliche Ladeinfrastruktur, auch wenn der Zugang zum Betriebshof über eine Pforte geregelt ist und z. B. nur ausgewählte Transportdienstleister die Ladeinfrastruktur nutzen dürfen. Der Betreiber hat laut § 2 Nr. 5 LSV zwecks Vermeidung der öffentlichen Zugänglichkeit am Ladepunkt oder in unmittelbarer Nähe zum Ladepunkt über eine sichtbare Kennzeichnung (z. B. die Allgemeinen Geschäftsbedingungen) oder Beschilderung deutlich zu machen, dass die Nutzung der Ladeinfrastruktur auf einen individuell bestimmten Personenkreis beschränkt ist.
Für den verbrauchsabhängigen Stromverkauf ist der Betreiber der Ladeinfrastruktur grundsätzlich in der Pflicht, die Verbräuche bzw. den tatsächlichen Stromverkauf nach Maßgabe des Mess- und Eichrechts mengenmäßig nach-zuweisen. Um dies technisch und rechtlich sicher umzusetzen, muss die Ladeinfrastruktur geeicht sein, d. h. den technischen Vorgaben des Mess- und Eichgesetzes (MessEG) entsprechen. Dies gilt grundsätzlich auch für das zugehörige Backendsystem, also die Software zur Überwachung und Steuerung der Ladeinfrastruktur. Zu beachten ist, dass Ladeinfrastrukturlösungen, die eichrechtlich genormt sind, für gewöhnlich teurer sind als nicht geeichte Produkte. Möglich sind aber auch alternative Abrechnungsmodelle für das Laden. Anstatt der verbrauchsabhängigen Abrechnung kann das Laden von betriebsfremden E-Fahrzeugen mit einer monatlichen oder jährlichen Flatrate abgerechnet werden. Allerdings ist nicht sicher, ob solche Flatrate-Regelungen dauerhaft zulässig sein werden.
Mehr wissen?
Hier geht’s zur weiterführenden Literatur:
https://www.hysolutions.de/fileadmin/Downloads/Teilen_von_Ladeinfrastruktur_mit_Dritten.pdf
https://www.ifam.fraunhofer.de/content/dam/ifam/de/documents/Formgebung_Funktionswerkstoffe/Energiesystemanalyse/Leitfaden_TiC.pdf
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